Wie können im Netz Textinformationen so aufbereitet werden, dass sie für den Leser an übersichtlichkeit gewinnen? Mit der Webapplikation "Lines" wollen uns die Grafikdesigner Anthon Astrom und Lukas Zimmer zu mehr Orientierung verhelfen und gewissermassen als "Guides" im Textdschungel fungieren. Früher, so argumentieren die Entwickler, war das gedruckte Wort dominant. Das bedeutete, dass Informationen in eine bestimmte Sequenz gebracht wurden. Die Struktur von Schreiben und Lesen war ähnlich. Die Stimme des Autors, sein Narrativ, wurde dem Leser auf einem linearen Pfad vermittelt. Heute dagegen erfolgt das Lesen mehr und mehr auf dem Bildschirm. Der Leseprozess ist fragmentierter geworden und mittels Hyperlinks kann man mühelos zwischen Textpassagen springen. Doch damit verbunden ist auch ein gewichtiger Nachteil: Springt man von Fragment zu Fragment, wird der Gedankengang des Autors immer aus dem Zusammenhang gerissen. "Lines", entstanden als Diplom-Projekt an den Hochschulen für Kunst in Bern und in Luzern, soll hier Abhilfe schaffen. Bei der Navigation sollen die Beziehungen unter Texteinträgen immer klar sichtbar gemacht werden. Das Tool soll zu mehr Klarheit und Verständnis über die Natur eines Gedankens führen. Verschiedene Modi werden angeboten: Der "Focus Mode" etwa macht auf dem Bildschirm nur gerade das sichtbar, was es für eine angenehme Lektüre einer Textpassage braucht. Gleichzeitig kann der Leser zur "Eltern-Generation" zurückspringen, das heisst zu allen Einträgen, die zum aktiven Eintrag geführt haben. So könne man die Herkunft eines Gedankens besser nachverfolgen. Geeignet ist "Lines", um Geschichten zu erzählen, um Debatten zu führen und Forschungsresultate zu veröffentlichen. Das Ziel von "Lines" ist, die Leser wieder näher an die Autoren heranzurücken und umgekehrt. Somit könne auch eher ein kollaborativer Diskurs entstehen. Astrom und Zimmer verbinden elegant ihre Lust an der Forschung mit einer praktischen Anwendung. Peter Stohler
Lines
Orientierung im Textdschungel