[DE]
Konsumismus als Religion der Gegenwart
Identifizierung mit Gruppen ermöglicht Menschen das Gefühl des wohl wichtigsten emotionalen Grundbedürfnisses: der Zugehörigkeit. Als Mitglied einer Gruppe identifiziert werden zu können und trotzdem mit Individualität, dem Gebot des 21. Jahrhunderts, zu bestechen, wird zum alltäglichen Spagat.
Längst ist der Grossteil der westliche Gesellschaft säkularisiert, Religionen und damit ihre Gemeinschaften und Werteordnungen sind weiträumig zu Relikten in Geschichtsbüchern geworden. Doch welche Systeme haben die Lücken dieses Entschwundenen zu schliessen vermocht?
Kapitalismus und Konsum haben sich wechselwirkend mit dem Abbau von Religiosität als sozial und ökonomisch zeitgenössischem Konsens manifestiert. Soziale Milieus und unser Ich-Konzept fordern Konsumhaltungen als Repräsentation unseres Seins – eine Glaubensfrage. Der Kauf wird zum täglichen Ritual, Werbung konstruiert moderne Mythen, und Moralkonsum wird zum Ablasshandel der Gegenwart.
Das Themenheft umfasst essayistische Auseinandersetzungen unterschiedlicher Autorenschaft mit dem Konstrukt des Konsumismus als verweltlichter Konfession. Fotografien gehen den Diskurs visuell an und irritieren mit provozierter Disharmonie von Inhalt und Ästhetik.
[EN]
Consumerism as a religion of the present
Identification with groups enables people to feel the most important basic emotional need: belonging. To be able to be identified as a member of a group and still be able to captivate individuality, the imperative of the 21st century, becomes an everyday balancing act.
The majority of Western society has long since become secularised, and religions and thus their communities and value systems have largely become relics in history books. But which systems have been able to close the gaps in this disappearance?
Capitalism and consumption have interacted with the disappearance of belief to manifest themselves as a socially and economically contemporary consensus. Social milieus and our ego concept demand consumer attitudes as a representation of our being - a question of faith. Buying becomes a daily ritual, advertising constructs modern myths, and moral consumption becomes the indulgent trade of the present.
The thematic issue comprises the essayistic confrontations of various authors with the construct of consumerism as a secularized denomination. Photographs take a visual approach to the discourse and irritate with their provocative disharmony of content and aesthetics.
Pascal Arnet
BA-Diplom 2020
Mentorat Thomas Wolfram, Claudio Gasser
Editorial Design, Fotografie